Samstag, 14. Juni 2008

"Einfach nur... GRÜN!" oder "Der Weg ist das Ziel"

Hallo zurück aus Kiew...

Wie im letzten Post geschrieben war ich diese Woche ja 2 Tage bei unserem Umbau in Dnipropetrowsk (siehe Link zur Bildergalerie rechts). Den Namen dieser Stadt kriege ich inzwischen ohne schmerzhafte Verknotungen in der Zunge fließend hin, während ich mich bei unserm Markt in Dniprodserzhinsk noch etwas schwerer tue. :-)

Dnipropetrowsk liegt knapp 500km südöstlich von Kiew am Unterlauf des Dnepr, der in dieser Region eigentlich durch Aufstauen mehr ein einziger riesiger See als ein Fluss ist, und ist mit über 1 Mio. Einwohnern die 3.größte Stadt der Ukraine (nach Kiew und Kharkov).



Am Mittwoch morgen hatte ich also meinen Platz auf dem Beifahrersitz unseres Verkaufsleiters Oleg eingenommen und es ging los. Kaum aus Kiew draußen hat man die Millionenstadt auch recht schnell vergessen und es wird einfach nur... grün. Oftmals sieht man kilometerweit nichts anderes als Wiesen und Wälder ohne irgendwo ein Dorf oder auch nur einen Bauernhof erahnen zu können.




Wenn wir anhielten, und gerade kein anderes Auto in der Nähe war, hörte man ... nichts. Selbst das Summen der Bienen erschien einem dann laut - und das ist jetzt nicht als poetisches Gewäsch, sondern einfach nur als Tatsachenbeschreibung zu sehen! :-).

Nach einiger Zeit auf einer größeren Straße ging es dann über eine Landstraße weiter, die ihren Namen wirklich verdient, und wir kamen durch kleinere Bauerndörfer. Hier waren am Wegrand vor jedem Haus abwechselnde Beispiele für die ukrainische agrikulturelle Nutztierhaltung angekettet - Kühe, Schweine, Schafe, Ziegen und Pferde standen uns quasi Spalier. Schnell fühlte man sich so ein ganzes Stück in der Zeit zurück versetzt in ein ganz anderes Leben als das unsrige. (was jetzt in keiner Form wertend gemeint sein soll).




Auf der Hälfte der Strecke erinnert einen die größere Stadt Krementschuk wieder daran, dass man im 21. Jahrhundert mit allen seinen Vor- und auch Nachteilen ist. Ansonsten ging es die ganze Zeit so dahin bis sich irgendwann ein irres Panorama auf den Dneprstausee bot, zu dem es dann die letzten Kilometer parallel weiterging.

Obwohl die genannten ca. 470km größtenteils auf eher "romantisch rustikalen Straßen" zurückzulegen waren, brauchten wir für die Strecke nicht mehr als 6 Stunden... Wer mich kennt, weiß auch über meinen ab und an etwas "offensiveren" Fahrstil Bescheid - aber von Oleg könnte man glaube ich immer noch was lernen. Ich habe ja immer noch den Verdacht, dass er irgendwo unter dem Auto eine spezielle Flügelkonstruktion verbaut hat, von der die Formel 1 noch keinen Wind bekommen hat.

Offiziell ist in der Ukraine zwar durchgehend Tempolimit 90, aber falls man das blöderweise gerade einmal vergessen haben SOLLTE, warnt einen der freundliche Gegenverkehr immer bereits frühzeitig vor wartenden polizeilichen Wegelagerern. Und selbst wenn das mal nicht gereicht haben SOLLTE, erzählte mir Oleg, sei es mit einer Geldstrafe von meistens 10-20 Grywna (1,40-2,80 EUR) getan. :-)

So kamen wir gegen Mittag also am Markt an, der nach einem arbeitsreichen Nachmittag, Abend und Morgen dann am Donnerstag Mittag schließlich die Türen wieder öffnen konnte. Längere Umbau-Einzelheiten will ich euch an dieser Stelle ersparen, da es sicherlich nicht alle interessiert - können wir bei Gelegenheit dann gerne persönlich nachholen.




Nachmittags ging es dann zurück gen Heimat mit einem "kleinen" Zwischenstopp bei "Krementshuk-Mjaso" (Mjaso=Fleisch), einem unserer Hauptlieferanten im Fleisch- und Wurst-Bereich. Oleg wollte hier einige neue Produkte verkosten, die für eine Listung in Frage kommen. Ich denke mal er war schon ziemlich lang nicht mehr da, denn nach einem leckeren Mittagessen haben wir (meiner Meinung nach) so ziemlich das gesamte Sortiment der Firma probieren dürfen (er wollte unbedingt wissen, was eine deutsche Zunge dazu sagt - werde ich mich da lang wehren?). Bis auf einige, wenige Ausnahmen (meine werten Eltern wissen sicherlich noch, wovon ich unter anderem Spreche) war auch alles wirklich lecker, so dass ich mir im Stillen vornahm bis Anfang Juli auf keinen Fall mehr etwas zu essen (erfolglos übrigens ;-).

Danach gings dann im Eiltempo heimwärts, wo ich pünktlich zum Beginn von Polen-Österreich eintraf, aber nur noch erschöpft ins Bett fiel. Natürlich nicht ohne mir vorher das deutsche Spiel auf Spiegel Online durchzulesen. :-( Man kann euch aber auch echt keine 5 Minuten alleine lassen!! Aber am Montag bin ich wieder am Fernseher zur Stelle und alles wird gut. Da haben wir nämlich glücklicherweise mal wieder FEIERTAG (Pfingsten).

Ansonsten wird das WE für mich ziemlich (vllt. sogar ausschließlich) arbeitsreich, da die Abreise ja immer näher rückt. Heute abend spielt Paul McCartney gratis auf dem Majdan, was seit Wochen groß im TV und mit Plakaten beworben wird. Habe mich aufgrund des Zeitdrucks dazu entschieden nicht hinzugehen (und weil der gute Paul und/oder die Beatles eh noch nie so mein Fall waren).

Für den interessierten Leser lohnt sich aber bestimmt nachher mal ein Blick und Klick auf die eingebundene Webcam rechts, auch wenn man die Bühne leider nur von hinten sieht - ich denke es wird unbeschreiblich voll werden in der Innenstadt.

Der gerade einsetzende Gewitterregen scheint mich übrigens in meiner Entscheidung zu bestätigen... Schade für alle Beatles-Fans - seit 2 Wochen war Hochsommer! Gut für mich, die Temperatur in meiner Wohnung und mein Gewissen.... :-)

Dienstag, 10. Juni 2008

Home, sweet Home

Ein herzliches, abendliches Hallo!

Nachdem es jetzt schon über eine Woche her ist, dachte ich mir es wird mal Zeit euch von der Neuigkeit Nr. 1 zu erzählen: Ich bin umgezogen! Aber immer der Reihe nach und schön ganz von vorne...

Die ersten 1,5 Monate meines ukrainischen Lebens hatte ich ja in unserer Marktwohnung zusammen mit den freundlichen "zarten Metzgern" Ruslan & Ruslan verbracht (mmmh... alle, für die das jetzt leicht "rosa" klang googeln bitte an dieser Stelle mal "Badesalz Zarte Metzger" - nicht, dass hier Gerüchte entstehen ;-).

Das war soweit auch alles super und es gab immer zu Essen und zu Lachen (und von beidem reichlich). Nebenbei konnte ich auch abends Russisch üben und die beiden sind mir echt ans Herz gewachsen. Der etwas "Beleibtere" (Kölsch-oder-Wodka berichtete) war sogar die letzten Wochen schwerst motiviert abends mit mir joggen - Hut ab, ein Riesenehrgeiz der Mann.

Nur kam dann noch ein Dritter mit in die Runde (der auch supernett usw war). Plus den Gästen, die ab und an mal ein paar Nächte in der Wohnung Unterschlupf suchten, führte das dann dazu, dass wir zeitweise zu 6. dort genächtigt haben (4 Betten, 1 Couch, 1 Sofa). Wär auch alles kein Problem gewesen, aber ich dachte mir dann: Wenn du irgendwann mal deine Diplomarbeit zu Papier bringen willst, solltest du doch mal nach was eigenem schaun. :-)

Gesagt getan... Und aufgrund eines glücklichen Zufalls, der eigentlich schon wieder nen eigenen Post wert ist, und einer sehr, sehr freundlichen Bekannten, kam es dann dazu, dass ich seit letztem Sonntag für den Rest der Zeit eine schöne, kleine eigene Wohnung habe. Erst war ich ja noch am zögern, ob ich die Jungs im Markt einfach allein lassen soll, aber dann kam genau am Sonntag morgen, der 4. Fleischkünstler an, der jetzt auch länger dort wohnen wird und ich habe mir sagen lassen, ich soll auf die Zeichen achten, die mir geschickt werden (woher eigentlich? ;-). Und wenn das mal keins war... Insofern viel mir die Entscheidung nicht sehr schwer.

Und bereut habe ich sie bisher auch nicht: Alles, was das Herz begehrt, ist hier vor Ort, sogar...festhalten: Eine Waschmaschine!!! Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal so diebisch freuen würde, schmutzige Wäsche einfach in die Maschine zu schmeißen, aber glaubt mir: das mit der Handwascherei ist ja schön und gut und war auch vor 100 Jahren sicherlich mal das Nonplusultra der technischen Entwicklung, aber umsonst kam die Menschheit ja nicht auf eine derartige Erfindung!

Einen Leidensgenossen in Bezug auf diese Ansicht habe ich übrigens auch gefunden. Bei meinen manuellen Sauberkeitsbemühungen in der alten Wohnung habe ich traditionell immer ein Stück von der Hörbuch-Version von Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" gehört (Danke, Lutz!). Dabei wäre ich dann beinahe prustend in die Wanne mit meinen schwimmenden Socken gefallen als er sinngemäß zum entnervten Schluss kam "Mein allabendliches Abrackern mit der Handwäsche in allen Ehren, aber ich habe das Gefühl, dass meine Wäsche nie richtig sauber wird. Ein ordentlicher Vollwaschgang mit anschließender Schleuderfunktion ist eben durch nichts zu ersetzen." Recht haste, Hape!

Aber ich schweife ab... Die Wohnung ist wie gesagt prima und liegt im Staddteil Rusanovka - wobei Stadtteil zu wenig gesagt ist, denn Rusanowka ist von einem Seitenarm des Dneprs und einem Kanal komplett mit Wasser umschlossen und darf sich somit offiziell "Insel" nennen. Auch wenn man durch den Kanal wahrscheinlich durchwaten könnte, finde ich diesen Titel mehr als angebracht: Hier ist alles wunderbar grün, vor meinem Fenster gibt es an jedem Wochenende einige Riesenfontänen zu bestaunen und man kann bequem am Kanal entlang einmal um die Insel joggen. Hier noch ein paar Fotos von Rusanovka - aber auch bei meinen gibt es schon einige wenige zu bestaunen.

So, jetzt habe ich aber erstmal genug Text abgesondert... Morgen gehts bis Freitag Mittag nach Dnipropetrowsk mit unserem Vertriebsleiter. Freu mich schon sehr drauf, mal was anderes von der Ukraine zu sehen. Denn Kiew ist halt doch in allen Belangen anders als der Rest des Landes, soweit ich das bisher beurteilen kann.

Also denn... Davon gibts dann sicher auch wieder einiges zu berichten. Bis dahin noch einen schönen Abend allerseits und bis die Tage!


Aber zum Abschluss noch die obligatorische EM-Frage: Ich hab das große Glück, dass das ukrainische Erste tatsächlich alle Spiele live überträgt und ich somit am Sonntag die Deutschen sehen konnte (wenn auch mit ukrainischem Kommentar - aber wen interessiert's). Nur was mich schon am 4. Spieltag tierisch nervt: Kommen bei euch auch in jeder Halbzeit diese saublöden EM-Maskottchen in einem noch saublöderen animierten Video, das das gesamte saublödeste EM-Lied von Shaggy lang läuft? Oder ist das eine Spezialität des ukrainischen Fernsehens, das andauernd zu zeigen?

So oder so - derjenige, der die Idee hatte, möge sich bitte in Kürze hier melden! :-)