Mittwoch, 28. Mai 2008

Von Wahlergebnissen und Rodina Mat

Kiew hat gewählt! Auf die aus deutscher Sicht großartigen Resultate beim Grand Prix möchte ich jetzt nicht näher eingehen - ich hab tatsächlich ein ganzes mal brav für Deutschland angerufen (ja, ich war der eine... :-).

Bei der anderen Wahl stehen die Resultate noch nicht ganz so klar fest - wohl aber das Ergebnis: der bisherige Bürgermeister wird mit ca. 30% der Stimmen wiedergewählt werden, gefolgt von Alexandr Turtschinow und... Vitali Klitschko mit jeweils ca. 17-20% der Stimmen. Das ist bei 70(!) Bewerbern - man verzeihe mir die im letzten Post genannte Zahl 40 - zwar nicht schlecht, aber halt leider nunmal auch nix wert. Das endgültige Ergebnis wird Ende der Woche nach Auszählung aller Stimmen erwartet. (und wir haben doch tatsächlich Sonntag abend nach den ersten Hochrechnungen gesucht.. ,-)

Das Wochenende war prima, aber dazu ein ander mal mehr. Zunächst möchte ich einen Zeitsprung zurück in meiner Zeit in Kiew machen und euch vom Besuch bei einer netten, älteren Dame erzählen, der sich quasi nahtlos an meinen letzten Post mit der überfüllten Innenstadt anschließt. Die Rede ist von... Rodina Mat!

Der Name dieser gigantischen Frauenstatue, die triumphierend Schwert und Schild in die Höhe streckt, bedeutet übersetzt "Mutter Heimat". Über die Heimat wacht Rodina Mat seit dem Tag des Sieges (09.05.) 1982 und schaut grimmig ostwärts über den Dnepr, in die Richtung, aus der 1943 die rote Armee gen Kiew vorrückte.




Im gesamten Freiluft-Komplex des "Museums des Großen Vaterländischen Krieges" (= 2. Weltkrieg auf Russisch) findet sich außerdem eine Art OpenAir-Waffenschau mit allem möglichen Kriegsgerät, das gigantische Denkmal der erzwungenen Dnepr-Überquerung der roten Armee und ein sehr eindrucksvolles 2.-Weltkriegs-Museum - wirklich extrem interessant einmal zu beobachten wie der Krieg aus sowjetischer Sicht betrachtet und bewertet wird. Außerdem beherbergt der Komplex noch das ewige Feuer, das jeden 09.05. entzündet wird....*hüstel*.......... soooo....... Was sollte einem bei dieser Formulierung, die ich nun schon mehrfach gelesen habe, auffallen? Es würde mich schwerstens interessieren, ob man einfach in jeder Nacht zwischen 08. und 09.05. heimlich die Flamme löscht, ob am 09. dann einfach so getan wird als ob sie aus wäre oder ob das mit dem "ewig" sowieso eher relativ anzusehen ist. ;-)




Aber zurück zu Rodina Mat:

Die Statue allein ist 45 Meter hoch und 60 Tonnen schwer und (oh Wunder) damit höher und schwerer als die Freiheitsstatue in New York. Sie wäre wohl noch höher geworden, aber dann hätte man es sich mit den Oberen des Lawra-Klosters verscherzt. Da der dortige Glockenturm wie beschrieben ja 96,FÜNF Meter hoch ist, sind sind es somit bis zum Kopf von Rodina Mat "nur" 96m geworden.




Um einen gewaltigen Eindruck zu hinterlassen reicht das aber allemal.

Weniger beeindruckt sind die Kiewer von diesem Paradebeispiel sowjetischer Ideologie mitten in ihrer Stadt. Sie nennen sie "Metallmama", "eisernes Weib" oder "Brezhnews Tochter" (in Anlehnung an ihren Schöpfer) und würden sie am liebsten abreißen oder zumindest Hammer und Sichel auf dem Schild gegen den ukrainischen "Tryzub" austauschen. So sieht es zumindest mein Reiseführer...

Für diese Ansicht spricht allerdings auch, dass mich bisher beim vorbeifahren noch nie jemand von selbst auf Rodina Mat aufmerksam gemacht hat - nicht einmal die Leute, die einem sonst bereitwillig jede Kleinigkeit erklärt und gezeigt haben. Beliebt ist die alte Dame also keinesfalls. Auch sonstige Erinnerungen an die Sowjet-Zeit möchte man am liebsten für immer aus dem Stadtbild tilgen. Vor kurzem habe ich über eine Gesetzesinitiative gelesen, nach der Präsident Juschtschenko alle sowjetischen Denkmäler in Kiew abreißen will, um deren Verherrlichung zu verhindern.




Einerseits finde ich das verständlich, da man in der Ukraine und gerade in Kiew sehr stark unter dem sowjetischen Regime gelitten hat und sehr auf seine Unabhängigkeit bedacht ist. Auf der anderen Seite finde ich es immer schade, wenn versucht wird, einen unumstößlich vorhandenen Teil der Geschichte des eigenen Landes zu tilgen und für die Nachwelt für alle Zeit unzugänglich zu machen.

Schauen wir also mal, wie es Rodina Mat in den nächste Jahren ergeht...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Liebe "Praktikantin",
zunächst einmal hoffe ich, dass es Dir gut geht, der Besuch am WE hat sicher mehr als gutgetan.
Hab mir das in den Tagen in HK so vorgestellt wie es wäre, da zu leben...aber trotz des Reizes allen Neuem und Fremden gegenüber...Heimat ist Heimat! Und ich freue mich jedesmal, wenn der Flieger wieder auf deutschem Boden aufsetzt...Michael Bubble singt mir dann immer "Home" ins Ohr.
Andererseits...die gemachte Erfahrung möchte ich auch nie missen...und so finde ich mutig und richtig, dass Du Dich aufgemacht hast ins Unbekannte.

Lass Dir herzlich danken für Deine umfassenden Kiew-Beschreibungen, besonders die Darstellung der anderen Sicht auf die Geschichte ist mir ja nicht ganz fremd...
Es ist spannend, sich da reinzulesen, generell ist ja in der DDR immer der 08.05. als "Tag der Befreiung" gefeiert wurden...upppsss...da ist ja ein Tag Unterschied zum 09.05.?
Also uns hat man das in der Schule so erklärt, dass der Bote halt einen Tag mit der Nachricht gebraucht hat, um in Moskau anzukommen.
Nun, ich möchte nicht wissen unter welchen Umständen der 03.Oktober als "Tag der deutschen Einheit" definiert wurde.
Wahrscheinlich hat die versammelte Kabinettsrunde zusammengesessen und irgendjemand hat - unter Berücksichtigung der anstehenden Prostataoperation und des Schwiegermuttergeburtstages - einen Vorschlag gemacht und die allermeisten hatten da noch frei.
Ausserdem konnten aufgrund des Vorlaufes für die Gäste noch ausreichend Billigfliegertickets geordert werden...:-)
Naja so in etwa und der Einwand der Dame hinten links, "der 17.Juni wäre doch auch nicht übel" wurde unter Hinweis auf das zeitgleich stattfindende ChampionsLeague-Finale im Wasserball abgeschmettert...wo Bonn doch endlich mal ins Finale gekommen ist!

Der Klitschko als Präsident...auch so ein Treppenwitz: War der nicht erst im Kino bei "Keinohrhasen" zu sehen und wollte Yvonne Catterfeld einen Heiratsantrag machen? Also ist der ja eigentlich Schauspieler, nicht Boxer! Okay, das Erfolgsmodell hatten wir in den Staaten ja schon mal...

So, was gibt es hier Neues?
Nix so richtig, werde grad wieder angelernt nach dem Urlaub und bin genaugenommen bereits wieder reif für die Insel. Na gut, dieses WE nicht, aber vielleicht ja bald mal wieder. Momentan Ebbe in der Reisekasse.
Freu Dich auf HK, wenn das jetzt fix ist, die Stadt lebt und auch der visuelle Speicher wird gut gefüllt. Besonders mit Blick auf die Muse(n)...*lach*!
Lass es Dir gut gehen, schade, dass wir uns zum LHK nicht sehen, können ja bei Gelegenheit mal skypen.
Gute Umsätze...wir sondieren noch!

LG Lutz
29.05.